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Ortsausgangsschild Flensburg Führerscheinentzug

Quelle: Adobe Stock / kamasigns

Vor über 65 Jahren hat die Verkehrssünder-Kartei beim Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg ihre Arbeit aufgenommen. Mit der Punktereform zum 1. Mai 2014 löste das Fahreignungsregister (FAER) das frühere Verkehrszentralregister (VZR) im Kraftfahrt- Bundesamt (KBA) ab. Mit der Einrichtung des FAER wurde das frühere Mehrfachtäter-Punktesystem grundlegend überarbeitet und auf das neue Fahreignungs-Bewertungssystem umgestellt. Die Erfassung im FAER ist nunmehr beschränkt auf verkehrssicherheitsrelevante Verstöße und dient umso präziser dem Schutz der Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer.

Der Verkehrsgerichtstag 2019 hat in seinem Arbeitskreis I „Punktereform auf dem Prüfstand“ nach fünf Jahren eine positive Bilanz gezogen.

Historie – Der Weg zum Fahreignungs-Bewertungssystem

Bis 1957 war die Erfassung von Verkehrssündern nur regional organisiert. Mit der Einführung einer zentralen Verkehrssünder- Kartei beim KBA (02.01.1958) wurde es möglich, Verkehrssünder unabhängig von ihrem Wohnsitz überregional zu erfassen. So konnte man das Fahrverhalten von Wiederholungstätern besser beobachten.

1974 wurde das bundeseinheitliche Mehrfachtäter-Punktesystem eingeführt. Seitdem werden Verstöße nach ihrer Schwere mit unterschiedlichen Punktezahlen gewichtet (damals 1 bis 7 Punkte je Verstoß). 1999 wurde die Möglichkeit geschaffen, durch Seminare Punkte abzubauen. Gleichzeitig begann die Digitalisierung des Verkehrszentralregisters.

Mit der Punktereform 2014 wurde das Punktesystem einfacher strukturiert und in das Fahreignungs-Bewertungssystem umbenannt. Seitdem werden nur die Entscheidungen über Verstöße „bepunktet“ und eingetragen, die direkte Relevanz für die Sicherheit des Straßenverkehrs haben. Je nach Schwere der Verstöße werden diese nun mit 1 bis 3 Punkten bewertet.

Die wesentlichen Änderungen der Punktereform 2014 im Überblick

Nach der Reform des Punktesystems werden heute nur noch solche Verstöße mit Punkten belegt, die die Verkehrssicherheit unmittelbar gefährden. Sie sind abschließend in Anlage 3 der Fahrerlaubnis-Verordnung mit der jeweiligen Punktezumessung aufgelistet.

Zu einer klareren Differenzierung der Schwere der Verstöße wurden die vormaligen 7 Punktekategorien auf lediglich 3 Kategorien beschränkt. Die Einteilung der einzelnen Verstöße in die Kategorien von 1 bis 3 Punkten entspricht der Gewichtung der Schwere des Verstoßes nach § 4 Absatz 2 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG):

3 PunkteStraftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, wenn die Fahrerlaubnis entzogen wurde oder wenn eine Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis ausgesprochen wurde
2 PunkteStraftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten ohne Entziehung der Fahrerlaubnis bzw. ohne Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis und besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten
1 Punktverkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten

Die Maßnahmen des Fahreignungs-Bewertungssystems gegenüber Fahrerlaubnisinhabern erfolgen nach einem dreistufigen System. Der Erhalt von 1 bis 3 Punkten wird lediglich im Register „vorgemerkt“ und führt noch nicht zu einer Maßnahme. Erreicht ein Fahrerlaubnisinhaber jedoch 4 bis 5 Punkte, wird er schriftlich ermahnt (1. Maßnahmenstufe), bei 6 bis 7 Punkten erhält er eine schriftliche Verwarnung (2. Maßnahmenstufe). Beide Maßnahmenstufen enthalten den Hinweis, dass ein Fahreignungsseminar freiwillig besucht werden kann, um das Fahrverhalten zu verbessern. Ab 8 Punkten erfolgt die Entziehung der Fahrerlaubnis (3. Maßnahmenstufe) wegen Ungeeignetheit zur Teilnahme am Straßenverkehr nach § 4 Absatz 5 StVG.

Grafik: Punkte-Tacho - Darstellung der Ziffern 1 bis 9. 1 bis 3 Punkte im grauen Bereich. Das bedeutet Vormerkung. 4 bis 5 Punkte im gelben (Ermahnung), 6 bis 7 Punkte im roten Bereich (Verwarnung). Bei 8 Punkten (schwarz) wird der Führerschein entzogen.
Punkte-Tacho

Quelle: BMDV

Erfolge der Punktereform

Gemessen an den Zielen der Punktereform lässt sich festhalten, dass die Reform erfolgreich war. Das System ist im Vergleich zu den vorherigen Regelungen einfacher, transparenter und leichter verständlich geworden; zudem konzentriert es sich auf die verkehrssicherheitsrelevanten Zuwiderhandlungen und trifft damit einen Personenkreis, der Verkehrsrisiken setzt. Dies hat auch der 57. Deutsche Verkehrsgerichtstag in den Empfehlungen seines Arbeitskreises I bestätigt.

Generelle Vereinfachung des Punktesystems

Eines der wesentlichen Ziele der Reform war es, das Bewertungssystem für Verkehrsverstöße einfacher und leichter verständlich zu gestalten und dessen Maßnahmen gemessen am Stand der Wissenschaft und dem Gebot der Verhältnismäßigkeit fortzuentwickeln. Denn das Wiederholungsrisiko eines Verkehrsauffälligen bemisst sich nicht allein nach der Schwere seiner begangenen Verstöße, sondern nach deren Anzahl.

Mit der jetzigen abschließenden Liste der Verstöße, die mit 1, 2 oder 3 Punkten bewertet werden, ist für den einzelnen Fahrerlaubnisinhaber leichter nachvollziehbar, welche Verkehrsverstöße mit welcher Anzahl von Punkten im Register eingetragen werden.

Die vorgesehenen Maßnahmenstufen (Ermahnung, Verwarnung, Entziehung) werden vom Bürger grundsätzlich als nachvollziehbar und von den Verwaltungsbehörden als praktikabel angesehen. Der Verzicht auf die Tilgungshemmung und die Einführung einer einheitlichen Tilgungsfrist ab Rechtskraft lässt komplizierte Berechnungen entfallen, die zuvor davon abhängig waren, ob, wie viele und mit welcher Schwere weitere Verkehrsverstöße während der Tilgungsfrist begangen wurden.

Diese Feststellungen gründen sich auf Erfahrungen der für den Fahrerlaubniserwerb zuständigen Obersten Landesbehörden.

Mehr Transparenz im Fahreignungsbewertungssystem

Die Schaffung von mehr Transparenz war ein weiteres wesentliches Ziel der Reform. Insbesondere in Verbindung mit den Vereinfachungen des Punktesystems konnten das Bewertungssystem für Verkehrsverstöße und die folgenden Konsequenzen dem Fahrerlaubnisinhaber leichter verständlich und nachvollziehbarer gemacht werden.

Das Ziel erhöhter Transparenz wurde nicht zuletzt dadurch umgesetzt, dass der jeweilige Fahrerlaubnisinhaber seit Dezember 2016 seinen Punktestand beim Kraftfahrt-Bundesamt online abfragen kann. Zudem hat sich das BMDV, bei den dafür allein zuständigen Ländern dafür eingesetzt, dass seit der Reform alle Bußgeldbescheide bereits auch eine Information über die zu erwartenden Punkte beinhalten.

Daneben wird aus Berichten der zuständigen obersten Landesbehörden und den Anfragen Betroffener beim Kraftfahrt-Bundesamt ersichtlich, dass die Anzahl von Nachfragen und Einlegung von Rechtsmitteln insgesamt deutlich abgenommen hat. Das folgt nach Einschätzung der Behörden aus dem besseren Verständnis des neuen Systems, was bei den Bürgerinnen und Bürgern zu mehr Akzeptanz für die Maßnahmen führt.

Mehr Verkehrssicherheit

Die konsequente Entscheidung des Gesetzgebers im reformierten Punktesystem fortan nur noch verkehrssicherheitsrelevante Verstöße einzutragen und mit Punkten zu belegen trägt erfolgreich zum Ziel des Fahreignungs-Bewertungssystems, nämlich des Erreichens von mehr Verkehrssicherheit bei.

Die Entziehung der Fahrerlaubnis erfolgt jedenfalls dann, wenn es zu mehreren sicherheitsgefährdenden Verkehrsverstößen gekommen ist. Das zeigt, dass das neue Fahreignungs-Bewertungssystem bei Wiederholungstätern effektiv ist und dieses Verhalten im Vergleich zur Vergangenheit verschärft bewertet.

Obwohl nach der Punktereform ausschließlich verkehrssicherheitsrelevante Verstöße eingetragen werden, ist die Zahl der Fälle, in denen die Fahrerlaubnis entzogen wurde, in etwa gleich geblieben. Mit dieser auf einer statistischen Auswertung des Kraftfahrt-Bundesamtes basierenden Feststellung lässt sich nachvollziehen, dass das reformierte System die Verstöße, die sich auf die Verkehrssicherheit auswirken, effektiv ahndet und tatsächlich diejenigen Personen von Maßnahmen und dem Entzug der Fahrerlaubnis betroffen sind, die die Verkehrsgefahren setzen.

1. Maßnahmenstufe2. Maßnahmenstufe3. Maßnahmenstufe
VerwarnungAnordnung ASPEntziehung (≥ 18 Pkt.)
20131)163.00022.0004.000
20141)2)58.0007.0002.000
ErmahnungVerwarnungEntziehung (≥ 8 Pkt.)
20143)96.00723.7461.619
2015160.47043.6214.023
2016161.46831.2554.166
2017195.78836.6293.975
2018205.60940.6544.173
2019203.16138.3744.307
1) Stichprobendaten, hochgerechnet
2) 1. Januar bis 30. April
3) 1. Mai bis 31. Dezember

Quelle: vgl. Drucksache 19/11425 des Deutschen Bundestages vom 01.07.2019, S. 68 und vgl. www.kba.de, Statistik der im Fahreignungsregister eingetragenen Maßnahmen

Die Anzahl der ergriffenen Maßnahmen der 1. und 2. Stufe (Ermahnungen und Verwarnungen) ist im Vergleich zu den zuvor geltenden Regelungen, bei denen die erste Maßnahmenstufe die Verwarnung und die zweite die Anordnung des
Aufbauseminars gewesen ist, leicht angestiegen. Damit haben sich die Befürchtungen von zu geringer Effektivität durch das Streichen zahlreicher Verstöße aus dem Register, die für die Verkehrssicherheit keine Relevanz hatten, aber in der Vergangenheit gespeichert waren, sowie durch die Abschaffung der Tilgungshemmung nicht bewahrheitet.

Anzahl an Maßnahmen in den Folgejahren siehe hier.

Das Fahreignungsseminar

Das seit 2014 neu strukturierte Fahreignungsseminar kombiniert verkehrspädagogische und verkehrspsychologische Elemente. Das Seminar soll neben der Vermittlung von Wissen dazu beitragen das eigene Fahrverhalten zu überdenken und die Grundeinstellung zur Verkehrssicherheit zu verbessern. Bei einem Punktestand von 1 bis 5 Punkten kann durch einen freiwilligen Besuch des neuen Fahreignungsseminars einmal alle fünf Jahre ein Punkt abgebaut werden. Ist die Maßnahmenstufe Verwarnung bereits erreicht, ist ein Punktabbau nicht mehr möglich.

Im Rahmen der Überprüfung der Wirksamkeit der Punktereform nach 5 Jahren war das Fahreignungsseminar Gegenstand einer wissenschaftlichen Analyse bei der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt). Der dabei erstellte Evaluierungsbericht wurde dem Deutschen Bundestag vorgelegt. Der 57. Deutsche Verkehrsgerichtstag hat empfohlen, am Seminar und dem Punktabzug für eine Teilnahme festzuhalten, auch wenn sich eine Verhaltensverbesserung durch die Teilnahme derzeit noch nicht nachweisen lässt. Der Gesetzgeber hat entschieden, den Punktabbau durch Teilnahme am Fahreignungsseminar unbefristet weiterzuführen.